WM-Gold in Korea:„Ein Traum für die Ewigkeit“

Text: Claudia Vogelgsang und Sven Heise
Fotos: Claudia Vogelgsang/Pascal Histel

Bei den BWF World Senior Championships 2023 in Südkorea gewann Claudia
Vogelgsang vom VfB Friedrichshafen
mit Renu Chandrika De Silva Hettiarachchige aus Sri Lanka am 17. September die Goldmedaille im Doppel O45. Als einzige Baden-Württembergerin hatte Claudia zusammen mit Ehemann
Thomas und Tochter Kim die weite Reise nach Korea auf sich genommen. In ihrem Reise- und Turnierbericht schildert Claudia nicht nur die sportlichen Ereignisse, sondern auch die eindrucksvollen Erlebnisse in dem Land, das seit vielen Jahren in der Weltspitze im Badminton vertreten ist.

Südkorea war bereits Gastgeber hochdotierter Turniere der BWF World Tour, richtete nun aber zum ersten Mal die Weltmeisterschaft der Altersklassen aus, zu der auch ehemalige Topstars aus aller Welt anreisen.


Claudias Reisetagebuch

  1. September: Die Megastadt Seoul
    Unsere Reise begann am 3. September. Von München aus flogen wir 12 Stunden lang direkt nach Seoul. Mit 26 Millionen ist Seoul laut Wikipedia
    die viertgrößte „Metropolregion“ der Welt und mit knapp 10 Millionen Einwohnern im Stadtbereich auch unter den 40 größten Städten der Welt.

    Wir hatten vier Tage eingeplant für Sightseeing in Seoul.
    Was für eine geile Stadt!
    Nette Leute, gutes Klima, 35 Grad warm – prima für mich! Das Hotel in Seoul war super sauber, die Menschen sehr gastfreundlich. Wir haben alte Tempel besucht, von Aussichtstürmen die riesige Stadt bewundert.


    Blick auf Seoul || Claudia mit Tochter Kim über den Dächern von Seoul
    Die Stadtmitte mit ihren Märkten und ihren vielen koreanischen Restaurants und Grills bietet auch kulinarisch viel Auswahl. Das Essen war gut, sehr abwechslungsreich mit Gemüse, Nudeln, Soja, Reis, Fleisch und vielem anderen. Teilweise sehr scharf, vieles auch kalt – traditionell eben
  1. September: Mit dem Zug nach Jeon Ju
    Am Donnerstag, 7. September reisten wir mit dem Schnellzug KTX von Seoul nach Jeonju. Die Fahrtzeit betrug zweieinhalb Stunden, der Austragungsort der WM liegt südlich von Seoul. Alles war problemlos
    und super zu finden. Jeonju ist die Hauptstadt der Provinz Jeollabuk-
    do in Südkorea. Sie liegt ca. 230 km südlich von Seoul und ist ein Touristenzentrum, welches für seine Speisen, die historischen Bauten, sportliche Veranstaltungen und einige Festivals bekannt ist. Die Stadt hat über 650.000 Einwohner. (Wikipedia)
    Technisch und digital sind die Koreaner weit voraus. Alle mit Karte oder mit Computer…
    Top! Ich glaube, es gibt auch die meisten E -Autos gibt’s in Korea, brutal!
    In Jeonju angekommen sind wir mit der Metro ins Hotel gefahren und das letzte Stück zu Fuß gegangen. Die Unterkunft war dort etwa einfacher als in Seoul, aber sauber und super Betten. Nur die Zimmer waren klein, aber das ist dort üblich. Beim Frühstück musste man vieles selber machen musste, aber alles top!
    Nun erforschten wir erstmal die Umgebung nach Einkaufsmöglichkeiten, Restaurants, der Haltestelle der BWF Shuttlebusse und was man sonst noch so braucht. Bei der Suche nach einer Trainingsmöglichkeit waren wir gleich erfolgreich und haben in einem kleinen, süßen Center mitten in der Stadt zwei Stunden trainert. „Leider“ von Yonex ausgerüstet, obwohl auch mein Sponsor Victor in Korea gut vertreten ist.

  1. September: Die WM beginnt
    Die WM wurde vom 11. bis 17. September ausgetragen. Mein erstes Spiel war allerdings erst am Mittwoch, 13. September.
    Senioren-Weltmeisterschaften im Badminton werden seit 2003 alle zwei Jahre ausgetragen. Sie fanden zuerst für die Altersklassen O35, O40, O45, O50, O55 und O60 statt. 2009 kam die Altersklasse O65 dazu, zwei Jahre
    später dann die O70 und 2019 die O75. (Quelle: Wikipedia)

    Es wurde in zwei Hallen gespielt .Die Haupthalle hatte neun Felder und die
    kleine Halle vier. Die Hallen und die Hotels wurden mit Bussen angefahren, alles war super organisiert. Einspielfelder gab es in jeder Halle genügend.
    Gespielt wurde mit Klimaanlage, was für Asien normal ist und einen starken Wind in der Halle verursacht. Deswegen durften wir am Samstag und Sonntag auch in den Hallen trainieren. Insgesamt haben 1280 Spielerinnen und Spieler aus aller Welt teilgenommen, darunter 58 Deutsche, von denen ich aber auch viele noch nicht kannte. Der Kapitän des deutschen Teams war Klaus Buschbeck, der alles hervorrangend organisiert hat und alle Fragen beantworten konnte. Vielen Dank an Klaus!


    Claudia und Renu Chandrika spielten nach dem Gewinn der Bronzemedaille bei der WM 2019 in Polen nun zum zweiten Mal zusammen || Claudia Vogelgsang und Renu Chandrika De Silva Hettiarachchige jubeln nach dem deutlichen Sieg im Endspiel || Fotos: Pascal Histel
  1. September: Auftaktsieg im Doppel
    Leider hatte ich während der Vorberietung auf das Turnier mit einer alten und einer neuen Verletzung zu kämpfen. Die Probleme am Fuß hatte ich bereits länger, aber vom Arbeiten kam noch eine Verletzung am Arm dazu.
    Die WM war für mich also eine Art Wundertüte mit der Frage, ob ich überhaupt spielen kann oder ob ich aufhören muss während eines Spiels.
    Die erste Runde im Doppel am Mittwochabend spielten meine Partnerin Renu Chandrika aus Sri Lanka und ich aber souverän gegen zwei Frauen aus den Emiraten, die gegen uns keine Chance hatten.
    Renu und ich gewannen problemlos in 16 Minuten, ich noch mit leichten Schmerzen im Fuß.
    Achtelfinale Damendoppel:
    Claudia Vogelgsang/Renu Chandrika De Silva Hettiarachchige (Sri Lanka) — Meeta Bhandari/Teena Mary Cherian (Vereinigte Arabische Emirate)
    21:8, 21:11
  1. September: Frust im Einzel
    Donnerstag ging bei mir dann im Einzel los gegen Mayumi Fukasawa. Ich hatte einen Dauerschmerz im Fuß, der mich stark beeinträchtigt hat, so dass ich leider unglücklich verlor gegen die Japanerin, die später Bronze gewann.
    Danach war die Enttäuschung groß und die Hoffnung verschwunden. Aber ich wurde von Kim getröstet in den langen Gängen der Haupthalle..
    Achtelfinale Dameneinzel:
    Claudia Vogelgsang Mayumi Fukasawa (Japan) 16:21, 16:21
    Aber es muss weitergehen! Positiv konnte ich mitnehmen, dass an der Spitze in O45 alle Ehemaligen vorne dabei waren, es also keine Veränderung gab. Renu, meine Partnerin, kam im Einzel bis ins Finale und
    gegen sie habe in dieser Disziplin noch nie verloren. 2025, ich komme!

  1. September: Harter Kampf im Doppel
    Am Abend ging es dann gegen die besten Japanerinnen. Schmerzfrei ging es los, ja schmerzfrei! Der Fuß tat nicht mehr weh. Keiner kann es mir erklären, aber egal! Wir kämpften uns im dritten Satz durch und gewannen das Spiel.
    Viertelfinale Damendoppel:
    Claudia Vogelgsang/Renu Chandrika De Silva Hettiarachchige (Sri Lanka) Miyuki Kusanagi/Noriko Sanada (Japan)
    21:14, 17:21, 21:17
  1. September: Klarer Sieg im Halbfinale
    Nun standen wir im Halbfinale gegen die topgesetzten Holländerinnen Georgy Trouerbach und Marielle Van Der Woerdt. Meine Motivation stieg und stieg und wir besiegten die beiden klar in zwei Sätzen und standen endlich im Finale der WM. Ein Traum nach all diesen Beschwerden,
    nach Aufbautraining und vielen Ärztebesuchen. Wir steigern uns in jedem Spiel.
    Halbfinale Damendoppel:
    Claudia Vogelgsang/Renu Chandrika De Silva Hettiarachchige (Sri Lanka) Georgy Trouerbach/Marielle Van Der Woerdt (Niederlande)
    21:17, 21:12
  1. September: Ein Traum wird wahr
    Im Finale am Sonntag ging es dann wieder gegen zwei Japanerinnen, Maki Jin und Mikiko Shimada. Meine Motivation und meine Konzentration war hoch, wie immer. Ich bin ja auch noch nie ohne Medallie von einer WM nach Hause geflogen. Den erster Satz gewannen wir klar mit 21:7 Die Anspannung stieg. Renu war etwas angeschlagen vom Einzelfinale, aber
    wir spielten so, dass ich die meiste Arbeit mache, das ist ja sowieso meine Spezialität: „Kampfsau!“. Wenn ich im Finale stehe nehme ich das Gold mit!
    Und es wurde Gold! Yessss!
    Auch den zweiten Satz holten wir uns mit 21:7., das Endspiel war bereits nach 18 Minuten vorbei. Für mich war es die erste Goldmedaille im Doppel, aber auch für Renu und Sri Lanka war es die erste Goldmedalie im Doppel, insgesamt die zweite. Dort wurde gefeiert, mehr als bei uns in Deutschland.
    Finale Damendoppel:
    Claudia Vogelgsang/Renu Chandrika De Silva Hettiarachchige (Sri Lanka) Maki Jin/Mikiko Shimada (Japan)
    21:7, 21:7


    Claudia und Renu bei der Siegerehrung im Doppel O45 | Foto: Pascal Histel
    Die Siegerehrung war wieder unvergleichlich. Ganz oben stehen ist ein Traum für die Ewigkeit, das nimmt dir keiner mehr. Gefühle ohne Worte – nur Gänsehaut und grosse Freude. Die anderen deutschen Spielerinnen und
    Spieler haben auch super gespielt. Heidi Bender und ich waren mal wieder die erfolgreichsten Mädels mit Gold! Leider wird dies nicht sehr anerkannt in
    Deutschland. Vom Deutschen Badminton Verband habe ich keine Glückwünsche bekommen, was mich etwas traurig macht. Die erfolgreichen niederländischen Teilnehmerinnen und Teilnehmer wurden dagegen bei den Dutch Open geehrt.


    Die Weltmeisterinnen aus Deutschland: Claudia Vogelgsang und Heidi Bender

  1. September: Heimflug und Rückblick
    Meine Freude über den Erfolg ist riesig nach all den Qualen und Ungewissheiten. Renu und ich sind sehr stolz und wir versuchen
    in zwei Jahren, diesen Erfolg zu wiederholen. Auch im Einzel werde ich
    wieder zuschlagen! Die WM 2025 findet nicht wie ursprünglich geplant in Neuseeland statt, vielleicht in Malaysia, das ist noch nicht sicher.
    Nach dem Endspiel wurde gepackt, gegessen und gefeiert. Der Heimflug war am 18. September, wieder nach München. 13 Stunden Flug mit Gold im Gepäck, mit schönen Momenten und Erfahrungen und vielen neuen Freunden. Kim hat viel gesehen und erlebt und wir haben viel trainiert mit Superstars wie Boonsak Ponsana und dem Bruder von Rexy Mainaky.
    Es war eine schöne Zeit. Vielen Dank an alle die mich unterstützt haben – meine Sponsoren und besonders meine Familie! Dankeschön!