Sitzen wie im Porsche, jubeln wie Yamaguchi

Länderspiel Deutschland gegen Ukraine in Stuttgart
In einem Freundschafts-Länderspiel besiegte das deutsche Badminton-Nationalteam die Ukraine in der Stuttgarter Schleyer-Halle mit 5:0.
von Sven Heise
23.04.23. Die Schiedsrichter hatten es beim Länderspiel Deutschland gegen Ukraine in der Stuttgarter Schleyer-Halle am bequemsten. Sie kontrollierten das Geschehen auf dem einzigen Badmintoncourt aus einem Original-Porschesitz, der auch beim Porsche Tennis Grand Prix in Stuttgart als Schiedsrichterstuhl verwendet wird.
Aber auch die beiden jungen Teams aus Deutschland und der Ukraine konnten sich auf dem von YONEX wunderbar aufgebauten Badmintonfeld hervorragend in Szene setzen. Mit einer sensationellen Beleuchtung vor dunklem Hintergrund kam fast ein bisschen All England-Feeling auf. Leider nicht von der Stimmung.
Anders als beim parallel in der Porsche-Arena stattfindenden Tennisfinale mit über 4500 Zuschauerinnen und Zuschauern lag die Zahl der Badmintonfans nur im mittleren zweistelligen Bereich. Dies ist ausgesprochen schade, denn die Grundidee, neben dem Tennis auch andere Sportarten, die mit einem Schläger und einem Ball ausgetragen werden, gemeinsam zu präsentieren, ist gut. Neben Tennis und Badminton gab es noch Touch-Tennis und Padel. Tischtennis soll auch hervorragend präsentiert worden sein, leider hat der Autor dieses Berichts die Nebenhalle mit Tischtennis beim Rundgang übersehen.
Nun aber zum Sportlichen. Das deutsche Team musste gegenüber der Vorankündigung auf Bjarne Geiss verzichten, der sich beim Bundesligaspiel in Schorndorf am Knöchel verletzt hatte. Für die Ukraine konnte die beste Einzelspielerin, Polina Buhrova, nicht antreten, die es auf Grund der extrem blamablen Verkehrssituation in Deutschland mit Flugstreiks und Bahnpannen nicht rechtzeitig von Frankfurt nach Stuttgart schaffte.
Unter Leitung von Bundestrainerin Johanna Goliszewski gewann das deutsche Team alle fünf Spiele in zwei Sätzen. Die deutschen Meister im Mixed, Franziska Volkmann und Patrick Scheiel, besiegten Nikita Yeromenko und Yevgeniya Paksyutova 21:9, 21:12 und spielten laut Kommentar von Jan Colin Völker „noch besser als bei ihrem DM-Titel in Bielefeld“. In jedem Fall sorgte Patrick von hinten mit seinen spektakulären Schmetterbällen für den nötigen Druck, so dass Franziska keine Probleme hat, mit ihrer dynamischen Spielweise das Netz zu kontrollieren.
Für den Gag des Tages sorgten Kian-Yu Oei und Mykhailo Vyshnevyi im Einzel, die das Spiel aufnahmen, bis der Schiedsrichter mitten im Ballwechsel ein „Let“ anordnete und den beiden Herren mitteilte, sie sollten doch bitte seine Ansage zur Spieleröffnung abwarten, bevor sie anfangen. Falls Kian-Yu – er ersetzte den ursprünglich nominierten Samuel Hsaio – bei seinem ersten Länderspiel O19 am Anfang nervös war, brauchte er nicht lange, um ins Spiel zu finden. Am Ende stand ein ungefährdeter 21:14, 21:7-Erfolg.
Im Herrendoppel trat Patrick Scheiel zum zweiten Mal in Aktion und war erneut erfolgreich – mit Jan Colin Völker gewann er gegen Oleksii Titov und Nikita Yeromenko 21:14, 21:15.
Auch Leona Michalski und Franziska Volkmann setzten sich gegen ihre ukrainischen Gegnerinnen durch. Beim 21:13, 21:16 gelang es Yevheniia Kantemyr und Yevgeniya Paksyutova jedoch, das Spiel etwas ausgeglichener zu gestalten.
Es ist sicher nicht möglich, cooler als Akane Yamaguchi zu spielen. Aber Antonia Schaller absolvierte ihre Länderspielpremiere Pokerface-mäßig auf dem gleichen Level wie die zweifache Weltmeisterin. Dass Yevheniia Kantemyr direkt vorher Doppel gespielt hatte, machte es der Deutschen natürlich etwas leichter. Die Ukrainerin war für Polina Buhrova eingesprungen, die mit der Deutschen Bahn von Frankfurt nach Stuttgart reisen wollte, was ihre Teilnahme an diesem Sonntag verhinderte. Den Ehrenpunkt für die Ukraine verhinderte wiederum Debütantin Antonia Schaller, die ihren 21:13, 21:12-Sieg ähnlich emotial zur Kenntnis nahm wie Akane Yamaguchi ihren Erfolg im Endspiel der YONEX German Open 2023.
Der Teamchef der Ukraine bedankte sich am Ende für die Gelegenheit, seinen Spielerinnen und Spielern Spielmöglichkeiten auf diesem Niveau zu bieten, da diese aktuell in ganz Europa verstreut leben und nur selten die Gelegenheit haben, gemeinsam zu trainieren und zu spielen.
Fazit des Länderspiels mit dem Endergebnis von 5:0 für Deutschland: die jungen Teams beider Länder hätten ein größeres Publikum verdient gehabt. Die Deutschen spielten konzentriert und nutzen ihre Chancen. Bei besseren Trainingsbedingungen und mehr Spielpraxis könnten die Mitglieder des ukrainischen Nationalteams wohl näher an die europäische Spitze heranrücken.
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